Immer mehr geraten im geschäftlichen und beruflichen Umfeld die gesellschaftlichen und zwischenmenschlichen Werte wie zum Beispiel Wertschätzung, Ehrlichkeit, Verbindlichkeit oder Loyalität ins Hintertreffen.
Dies gilt sowohl für den Umgang mit und zwischen Mitarbeitenden als auch für den Umgang mit Lieferanten und Bewerbern.
Wie konnte es dazu kommen? Die (Arbeits-)Welt ist insgesamt unbeständiger, unsicherer und komplexer geworden. Und im Zuge hoher Leistungserwartung zur Erfüllung der betrieblichen Mission (Umsatz, Ertrag, Produktivität…) ist der Druck auf die Führungskräfte gestiegen, die diesen wiederum an ihre Mitarbeitenden weitergeben.
Wenn der Druck auf den einzelnen Menschen steigt, nimmt die Wichtigkeit der Lebensmotive und persönlichen Bedürfnisse zu. Sollten diese nicht oder nur unzulänglich erfüllt werden, steigt die Wichtigkeit des Wertesystems, welches Beschäftigte rollenbedingt mit anderen Mitgliedern ihrer Gruppe (Team, Organisationseinheit, Company) teilen.
Auch bei der Teamentwicklung zählen Gemeinsamkeiten, z.B. ein gemeinsames Ziel oder ein kollektives Wertesystem, nach dem alle Mitglieder zusammenarbeiten. Kommt es zu einem Verstoß gegen einen der Werte, wird er geahndet – direkt oder indirekt. Werden Ziele und Werte allerdings nicht eindeutig kommuniziert und von den Teilhabern des Erfolgs nicht die Zustimmung eingeholt (z.B. im Rahmen einer Zielvereinbarung anstatt einer Zielvorgabe), werden Gespräche, Leistungskorrektur oder Sanktionierung entsprechend schwierig umzusetzen sein. Abgesehen von der intrinsischen Motivation der Mitarbeitenden, die durch fehlende Wertschätzung und Anerkennung oft kontinuierlich sinkt.
Dazu kommt, dass viele Unternehmen immer wieder deutlich kommunizieren, dass der Kunde im Mittelpunkt allen Handelns steht, wodurch sich MitarbeiterInnen noch mehr zurückgesetzt fühlen. Sie fühlen sich wertlos in einer wertearmen Arbeitsumgebung. Die Werte „Respekt“ und „kollegialer Zusammenhalt“ sorgen oft für den letzten sozialen Kitt in Teams, doch auch der hält nicht ewig – und starke Personalfluktuation tut ein Übriges.
Wie schon geschrieben, bestimmen oft die Bedürfnisse der Kunden das Handeln, diesen wird objektiv auch am Wertschätzendsten begegnet, auch wenn sie manchmal einen anderen Eindruck haben (das hat allerdings mit einer deutlich zunehmenden Erwartungshaltung zu tun, die wiederum ein anders Thema ist). Immerhin sind Kunden die Geschäftspartner, die das Geld ins Unternehmen bringen.
Lieferanten oder Bewerber spüren die fehlende Werte-Orientierung am meisten. Die Quote der zeitnahen Rückmeldungen bezüglich Annahme oder Ablehnung von Angeboten respektive der Bemühungen um einen Job ist signifikant gesunken – wenn man die automatisierten Eingangsbestätigung mit den oft respektlosen und auf Hinhaltung ausgerichteten Formulierungen mal außer Acht läßt.
Offenbar ist vielen nicht bewusst, dass auch Lieferanten Geschäftspartner sind und Bewerber potenzielle zukünftige Mitarbeiter. Unter den oben genannten Umständen ist es allerdings nachvollziehbar, dass ebendiese besonders stark betroffen sind von den innerbetriebliche Defiziten. Man könnte fast mutmaßen, dass sie weniger wert sind, weil sie ja zunächst mal Geld kosten.
Was könnte eine Lösung für dieses Dilemma sein?
Im Umgang mit Unsicherheit und Komplexität sind persönliche Fähigkeiten essenziell. Diese zu erkennen, bewusst zu machen und zu fördern, erfordert wiederum besondere Kompetenzen der Menschen im Umfeld – auf den beruflichen Kontext bezogen, kommt der Führungskraft diese Aufgabe zu. Diese wiederum benötigt dafür ebenfalls bestimmte Fähigkeiten wie Einfühlungsvermögen und kommunikatives Geschick.
Außerdem brauchen alle Beteiligten ein höheres Maß an psychischer Widerstandsfähigkeit. Nicht zuletzt ist es unabdingbar für jede Firma, ihr Wertesystem für alle sicht- und greifbar zu machen, um ein Stück mehr Sicherheit und Verbindlichkeit zu geben.
Das beste Branding nützt nichts, wenn dies nicht von innen heraus von allen aus Überzeugung gelebt wird und allen Beteiligten die Wertschätzung entgegengebracht wird, die sie verdient haben.
Wert-Schätzung und Werte-Orientierung machen die Zusammenarbeit für alle Menschen angenehmer und erfolgreicher.